Triumphaler kabarettistischer Schlusspunkt

Waldshut-Tiengener Kabarettherbst geht mit Arnulf Rating im Ali-Theater glanzvoll zu Ende

VON ROSEMARIE TILLESSEN

Fast zweieinhalb Stunden lang fragt sich das Publikum: Wie kann man so viel Wut und Einsatz überhaupt durchhalten? Man kann – davon überzeugte der Kabarettist Arnulf Rating aus Berlin, der mit seinem Auftritt im fast vollen Ali-Kino in Tiengen den diesjährigen 9. Kabarettherbst des stätdtischen Kulturamtes, unsterstützt von SÜDKURIER und Alb-Bote, triumphal beendete. Der frühere Mitbegründer der legendären Berliner Kabarett-Truppe „Die 3 Tornados“ spielte in Tiengen sein 10. Soloprogramm „Aufwärts“.

Doch wo geht es in dieser Republik und auf der Welt überhaupt noch aufwärts? Nach Arnulf Rating gibt es wenig zu lachen: Überall Sumpf, Krise, Versagen: bei der Wirtschaft, den Banken, den Beamten, den Krankenkassen, Stuttgart 21 und natürlich bei den Politikern. Im Turbo-Schnellgang jagt Rating durch seine Themen und teilt hemmungslos aus, international und vor allem national. Dabei schreit und schimpft er, gestikuliert heftig, federt in den Knien und springt auch schon mal in die Luft. Unentwet regt er sich auf und verausgabt sich. Und wenn man ihm begeistert Beifall zollt, faucht er: „Bitte keinen Gesinnungsapplaus!“

Arnulf Rating (59) ist politisches Urgestein. Scharfzüngig, witzig und zynisch zieht er sein Pointen-Feuerwerk in halsbrecherischem Sprechtempo durch. Hinzu kommt: Er genießt seinen Auftritt, freut sich, glossiert und schauspielert mit Lust. Auch wenn er sich irgendwann resigniert fragt: „Was ist in diesem Land los? 99 Prozent liegen doch im Koma, egal was passiert, und nur ein Prozent regt sich auf. Da ist auch das Kabarett am Ende!“ Dass er auch anders kann, beweist er im zweiten Teil des Abends: Hier plaudert er heiter und fast handzahm über Fußball, den Papst und über die Schlagzeilen der Zeitung mit den großen Buchstaben. Hier läuft er abschließend noch einmal zu Höchstform auf!

Der 9. Kabarettherbst zeigte die gesamte Bandbreite von Kabarett: scharfen Politkrimi, Comedy, Beziehungsprobleme und Philosophisches. Kulturamtsleiter Hartmut Schölch dankte abschließend dem Publikum für sein lebhaftes Interesse an dieser Reihe.

Als Nachschlag gibt es am 12. Januar 2011 noch den kabarettistischen Jahresrückblick mit Volkmar Staub und Florian Schröder.

© SÜDKURIER, 06.12.2010