Sezieren der nackten Fakten

Dietzenbach - Inflation in eher deflationären Zeiten? Geht das denn zusammen? Und wie! Arnulf Rating vermochte diesen zunächst unmöglich klingenden Zusammenhang in seinem Kabarettprogramm „Aufwärts“ herzustellen. Wie? Kraft seines unbequemen Mundwerks. Von Matthias Towae


© Towae
Der Kabarettist Arnulf Rating ging mit großem Gespür den gesellschaftlichen Themen auf den Grund.

Dieses, so sollte sich nicht erst zu vorgerückter Stunde herausstellen, ist wie eine geschwind und vor allen Dingen unablässig zustechende Nadel, die aus den Phrasen-Ballons der Politikerriege und deren mannigfachen Kumpanen – vorzugsweise aus der gehobenen Kaste –, den Souffleuren im Politikbetrieb, die heiße Luft so lange herauslässt, bis die nackten Fakten von jedem in Augenschein genommen und von Rating genüsslich seziert werden können.

Ein wahrlicher Hochgenuss für das Oberstübchen, auf welch überzeugende und originelle Weise ihm das gelingt – gerade auch im Hinblick auf die gebotene Bandbreite der abgehandelten Themenpalette. Köstlich, mit wie viel Gespür er den gesellschaftspolitischen Themen auf den Grund, aber nie auf den Leim geht, da er durchschaut, was wirklich Sache ist.

Wahlkreuz als Sakrament der Demokratie

In ihm – so erscheint es – sind mehrere Charakter auf einen Schlag vereint: der eines Rhetorikers, Sophisten und zugleich Zynikers. Rating stilisiert das Wahlkreuz zum Sakrament der Demokratie und bezeichnet die Brüsseler EU-Kommission als Politikerendlager.

So ist es denn auch nicht weiter verwunderlich, dass Intelligenz und eine gespaltene Zunge an diesem Abend auf ein Publikum trafen, welches an des Künstlers Lippen hing und sich das Lachen nie aus Scham vor der unumstößlichen („rating’schen“) Wahrheit verkneifen musste und wollte. … Eine Lehr- und zugleich Sternstunde des politischen Kabaretts.

© Offenbach Post, 26.10.2009