Nicht alles ist prima im Lande

Siegen. (wp) Wie führt man mit seiner Ich-AG eine Aktionärsversammlung durch? Wie betrachtet man durch eklige Brillen noch ekligere Realitäten? Arnulf Rating führte es am Samstagabend mit spitzer Zunge vor. Die Lacher hatte der Berliner Spaß- und Kabarettmacher im ausverkauften Lyz jedenfalls auf seiner Seite.

Die Gretchenfrage, ob der ehemalige Anarcho-Clown ("Die 3 Tornados") deftigen Spaß oder Polit-Kabarett bot, musste sich das Siegener Publikum im Lyz selbst beantworten. Der Rundumschlag, den der Berliner Kabarettist in seinem aktuellen Programm "Alles Prima" bot, war jedenfalls gespickt mit deftigen Kalauern und nicht immer originellen Wortspielereien. Dennoch überwogen Hintersinn und hübsch bösartigen Gemeinheiten.

"Bei Politik hört der Spaß auf", verkündete er und erteilte den Politikern aller Couleur Abmahnungen in Form von Schwafel- oder Unvermögensteuer.

Der Osten und seine alten und neuen Repräsentanten, wie Verkehrsminister Stolpe, erfuhren durch Rating Nachhilfe im Rechnen. Anhand seiner Rating-AG führt er vor, wie man die Beschäftigungsmisere am eigenen Leid durchleidet und mit ekligen Brillen, Perücken und Pappschachteln witzelte er sich alle Arten von Reformpaketen und Beratungs-Offensiven.

Zwei Stunden funktionierte Ratings Scherzartikel-Produktion, die auch vor der banalen Erkenntnis nicht halt machte, dass Männer wie Waschmaschinen sind. "Wenn man sie anmacht, drehen sie durch."

Helmut Blecher

© Westfalenpost, 27.02.2004